Im 19. sowie im frühen 20. Jahrhundert sucht Deutschland nach seinem Platz an der Sonne.
Nachdem Länder wie Groß Britannien und Frankreich sich bereits einen Namen als Kolonialherren gemacht haben möchte Deutschland auch mitmischen und zu den einflussreichen großen Ländern gehören.
Unter den Kolonien der Deutschen befindet sich ab 1884 auch das heutige Namibia, welches unter Kolonialherrschaft als Deutsch-Südwestafrika bekannt war. Das Land wurde den dort ansässigen Stämmen von den deutschen Siedlern geraubt und anschließend wurde unmenschliche Siedlungspolitik betrieben. Die Lage spitzt sich zu bis es 1904 passiert: Ein Aufstand der Herero und damit der Beginn eines Völkermordes.
In dem Krieg, der zunächst zwischen deutschen Besatzern und den Herero ausbricht, haben die Deutschen nur ein Ziel: Die Vernichtung der Herero.
Herero, die vor dem Gefecht flüchten und in der wasserlosen Wüste stranden, darunter Frauen und Kinder, werden von den deutschen Truppen gewaltsam von den wenigen Wasserstellen ferngehalten, zehntausende Unschuldige und Hilflose verdursten.
Im Oktober 1904 verbündet sich das Volk der Nama, unter der Leitung von Hendrik Witbooi und Jakob Morenga, mit den Herero. In Folge werden auch Nama rücksichtslos von deutschen Truppen umgebracht. Nach 4 Jahren bitterem Kämpfens der Herero und Nama um ihre Existenz, Landraub und sexualisierter Gewalt erleiden sie die Niederlage. Verbleibende werden von den Deutschen in Konzentrationslagern inhaftiert, in denen jeder zweite den unmenschlichen Bedingungen erliegt.
Letztlich wurden in diesem Genozid drei viertel aller Herero und die Hälfte aller Nama ermordet.
Was ein Krieg hätte sein können, wurde durch den Vorsatz der Auslöschung der Herero und Nama, sowie dem unmenschlichen, verbrecherischen und brutalen deutschen Vorgehen zum ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts, der die Großteile der Herero und Nama auslöschte.
Erinnerungskultur gibt es in Deutschland kaum, kritische Auseinandersetzung mit deutscher Kolonialgeschichte erst seit kurzem. Lange erkennt Deutschland als Staat seine Verbrechen in Namibia nicht an, nur einzelne Politiker wie Heidemarie Wieczorek-Zeul entschuldigen sich. Offiziell passiert das Anerkennen von deutscher Seite erst 2016. Ein Schuldeingeständnis und das bitten um Vergebung erst 2021. Noch heute wissen kaum Deutsche von dem Völkermord und ein einzelnes Denkmal in Berlin erinnert an verstorbene deutsche Soldaten, ein Denkmal für die Herero und Nama gibt es in Deutschland nicht.
Die Kolonialzeit und der Völkermord belasten die Nachkommen bis heute. Sie leben immer noch teilweise in Botswana und Südafrika nachdem ihre Vorfahren fliehen mussten. Kultur, Sprache und Identität gehen dabei verloren, so Esther Muinjangue, Vorsitzende der Ovambanderu Genocide Foundation. Die Rufe nach Entschädigung von der deutschen Regierung waren lange laut.
Deutschland stellt sich zunächst stark gegen individuelle Entschädigung und möchte stattdessen Zukunftsprojekte und eine gemeinsame Erinnerungskultur fördern. Dies sorgt für große Unzufriedenheit bei Herero und Nama, da sie von Verhandlungen ausgeschlossen werden und ein beträchtlicher Teil der Entschädigungen an die Ovambo geht.
Nachdem Herero und Nama bis zu Gerichten in New York gehen, um die Entschädigungen von Deutschland einzuklagen, beginnen die Staaten 2021 erneut zu verhandeln. Zunächst soll Deutschland die Nachkommen der Opfer, im Rahmen von Entwicklungszusammenarbeit, mit 1,1 Milliarden Euro in den kommenden 30 Jahren unterstützen.
Ich halte die Verhandlungen zwischen Namibia und Deutschland sowie die Aufarbeitung von deutscher Seite für absolut unzureichend.
Die Verhandlungen halten bis heute an, da die deutsche Regierung klar machte das sie nicht zu Verhandlungen gezwungen sind und es kaum Bemühungen gibt die Verhandlungen in kurzer Frist abzuschließen. Auch sind diese vorerst zum Halt gekommen nach dem Ampel aus und der weitere Verlauf der Verhandlungen wird von der nächsten Regierung geführt, dessen Kooperationsbereitschaft noch unklar ist. Der Entschuldigungtext, den der Bundespräsident vor dem namibischen Parlament (statt vor den Nachkommen der Opfer, was für Kritik von Opferverbänden führt) halten soll, ist auch aktuell noch in Arbeit.
Des Weiteren deckt die geplante deutsche Entschädigung immer noch nicht alle Nachkommen der Herero und Nama ab, dafür aber noch andere nicht betroffene Völkergruppen. Auch wollen die Herero und Nama das Land zurück, welches ihren Vorfahren gestohlen wurde, das heute noch zum allergrößten Teil Nachfahren weißer deutscher oder südafrikanischen Siedler*innen gehört.
Währenddessen leben viele Herero und Nama verarmt in kleinen Sozialwohnungen.
Zusammengefasst ist die „Lösung“, die von Deutschland angestrebt wird, unzureichend und bezieht die Betroffenen nicht wirklich ein.
Auch die Erinnerungskultur ist, meiner Meinung nach, quasi nicht existent. Der Schulunterricht dazu ist knappgefasst und stark Lehrer abhängig, viele gehen durch ihre Schulzeit ohne wirklich etwas von den Herero und Nama zu hören. Es gibt kein Denkmal für die Herero und Nama und keinen Tag an dem sich in Deutschland an die Kolonialverbrechen, den Völkermord und dessen Opfer erinnert wird, im Kontrast zu den drei verschiedenen Tagen an denen sich in Namibia an den Genozid erinnert wird.
Der Genozid wird meiner Ansicht nach in Deutschland sozusagen unter den Tisch gekehrt und die Nachkommen der Opfer werden ignoriert und vergessen.
Dieser Beitrag wurde von dem 12er Geschichte Grundkurs 2 verfasst
